Warum werden Hummeln gezüchtet und als Bestäuberinnen für den kommerziellen Obst- und Gemüseanbau gezüchtet und nicht die Hongbienen? Für was nutzt man die kommerzielle Hummelzucht? Und wie sieht der Einsatz von Hummeln weltweit aus? Wir klären auf!
Kommerzielle Hummelzucht zur Bestäubung von Obst- und Gemüsepflanzen
Nicht nur die Honigbiene, auch viele andere Insekten – wie die Wildbienen, Schwebfliegen und Schmetterlinge bestäuben beim Sammeln von Nektar und Pollen so ganz nebenbei auch die Blüten. Sie tragen damit zur Bildung der aus den Blüten heranreifenden Früchte bei.

Im Vergleich zur Honigbiene sind Hummeln als Blüten-Bestäuberinnen viel effizienter!
Niedrige Temperaturen
Hummeln fliegen bereits bei niedrigen Temperaturen. Manche Hummelart ist bereits bei Lufttemperaturen von 10° C , manche Art sogar schon ab 2° C unterwegs.
Schnelle Flieger

Hummeln sind sehr schnelle Flieger und können Fluggeschwindigkeiten von bis zu 20 km/h erreichen. Dabei legen sie täglich Flugstrecken zwischen ihrem Hummelnest und den Blütenpflanzen von bis zu 5 km zurück.
Und wenn sie auf dem Rückflug das Hummelnest wieder erreichen, brauchen sie nur etwa 3min, um im Nest den Blütenpollen aus ihren Sammeltaschen an den Beinen (Pollenhöschen genannt) zu entleeren und den Zuckersaft haltigen Nektar aus ihrem Honigmagen auszuwürgen und dann nach kurzer Pause bereits wieder den nächsten Sammelflug zu starten.
Schnelle Pollenernte

Im Ernten von Pollen und Nektar einer Blüte sind Hummeln etwa doppelt so schnell wie Honigbienen. Da Hummeln etwas kräftiger gebaut sind, können sie auf jedem Rückflug auch deutlich mehr Nektar und Pollen transportieren als die Bienen.
Außerdem haben Hummeln bei ihren Sammelflügen ein außerordentliches Durchhaltevermögen: Manche Hummel-Arbeiterin ist zwischen Sonnenauf und -untergang täglich bis zu 10 Stunden unterwegs.
Lernen durch Erfahrung
Jede Hummel-Arbeiterin muss durch eigene Erfahrung lernen, wo es beispielsweise die besten Trachtpflanzen gibt. So etwas Ähnliches wie den Schwänzeltanz der Honigbienen gibt es bei den Hummeln nicht.
Das alles sind für einen kommerziellen Züchter gute Argumente, Hummeln statt Bienen zu züchten, um sie als Bestäuberinnen in Obst- und Gemüsekulturen einzusetzen.
Nur Hummeln können Tomatenblüten bestäuben

Die kommerzielle Hummelzucht hat den Ursprung in der Bestäubung von Tomatenpflanzen.
Beim Sammeln von Blütenpollen wenden die Sammlerinnen der Hummeln eine besondere Technik an, die nur Hummeln beherrschen. Ähnlich wie beim Aufwärmen der Flügelmuskulatur und beim Fliegen nutzen die Hummeln ihre einzigartige Vibrationstechnik: Sie lassen ihre Thorax-Muskeln vibrieren. Durch diese Erschütterungen lösen sich die Pollen aus den Staubgefäßen der Tomaten-Blüten, bleiben auf dem behaarten Rücken der Hummeln hängen, wo sie dann bei der Suche nach Nektar die nächste Blüte bestäuben.
Schon gewusst?
Nur durch eine solche Vibrationstechnik lassen sich Tomatenblüten überhaupt befruchten.
Bis vor wenigen Jahrzehnten waren Tomatenanbauern gezwungen, ihre Tomatenpflanzen von Hand mit Hilfe elektrischer Geräte zu bestäuben. Eine sehr arbeitsintensive und teure Methode.
Deshalb wurde bereits 1912 begonnen, Hummeln zu züchten. Aber erst seit 1970 ist es gelungen, einige Hummel-Arten über mehrere Generationen zu züchten. Unter ihnen auch die Dunkle Erdhummel Bombus terrestris, zugleich unsere häufigste einheimische Hummel-Art.
Weltweiter Einsatz kommerziell gezüchteter Hummeln

Seit Mitte der 1980-ziger Jahre züchtet man Hummel kommerziell. Vor allem die Dunkle Erdhummel wird weltweit zur Bestäubung von Tomatenkulturen im Freiland und im Gewächshaus eingesetzt.
Dies hat unabsehbaren Folgeschäden für die jeweilige einheimische Hummelfauna. Es kommt zur weltweiten Ausbreitung von Hummelkrankheiten und -Parasiten, wie der Varroa-Milbe, der Tracheen-Milbe (sie befällt vor allem die Dunkle Erdhummel) und des für Hummeln tödlichen Nosea apis-Pilz.
Während man früher zum manuellen Bestäuben von Tomatenkulturen mit elektrischen Vibrationsgeräten pro Hektar Anbaufläche mit Kosten von etwa 10.000€ rechnen musste, erledigen dies heute kommerziell gezüchtete Hummeln für wenige Hundert Euro.
Schon gewusst?
Heutzutage sind nahezu alle aus niederländische Gewächshauskulturen stammenden Obst- und Gemüsesorten zuvor von kommerziell gezüchteten Hummeln bestäubt worden.
Da Hummeln bereits bei niedrigen Lufttemperaturen „arbeiten“, kann man Tomaten, Erdbeeren und anderes Gemüse in Gewächshäuser auch „year round“, also auch im Winter liefern.
Die kommerzielle Hummelzucht „boomt“
Allein die kommerziellen Hummelzüchter Deutschlands produzieren derzeit rund 1.000.000 Hummelvölker pro Jahr, die versandfertig und einsatztauglich in alle Welt verschickt wird.
Jeder Versandkarton ist mit einem Nest, den Hummeln und dem Nötigsten ausgestattet. Beim Landwirt angekommen muss er nur noch ausgepackt, in der Gemüse- oder Obst-Kultur aufgestellt und das Einflugsloch geöffnet werden. Alles andere erledigen die Hummeln selbst.

Und wenn die Hummeln ihren Zweck erfüllt haben?
Wenn die gesamte Obst- oder Gemüsekultur bestäubt ist, haben die Hummeln ihren Zweck erfüllt. Sie haben also eigentlich ausgedient und können „entsorgt“ werden. Da muss man nicht bis zum Herbst warten, bis die Hummeln eines natürlichen Todes sterben.
Gratis bekommt man sogar Tipps, wie man die Hummeln, wenn sie ihren Zweck erfüllt haben, am einfachsten beseitigt:
- Die Box mitsamt den Hummeln in eine Plastiktüte packen und in die Gefriertruhe legen.
- Die Hummeln einfach in der Plastiktüte langsam ersticken lassen, um die Kosten für das Einfrieren zu sparen.
- Oder das Hummelnest mitsamt den Hummeln verbrennen.
Was bei diesen Empfehlungen offensichtlich völlig außer Acht gelassen wird:
Achtung!
Alle einheimischen Hummel-Arten gehören nach dem Bundesnaturschutzgesetz zu den streng geschützten Arten und dürfen nicht getötet werden. Abgesehen davon, dass die genannten Hummel-Beseitigungsmethoden Tierquälerei sind. Damit macht man sich also gleich zweifach strafbar.